Impression Wachthaus

In Langenselbold gab es 2 Wachthäuser, die Vorläufer der heutigen Polizeistationen oder Wachen. Für das Wachthaus am Marktplatz kam noch hinzu, dass das Gefängnis gleich nebendran lag, das sog. "Betzeloch". Auch das Gemeindebackhaus mit seinem hohen Schornstein weist auf die Bedeutung des Ortes hin, ein Selbolder Zentrum. Das Backhaus hatte übrigens schon einen hohen Schornstein, der nachträglich wegen der Rauchbelastung errichtet wurde. Zwischen Wachthaus und Backhaus gab es einen Schuppen, der von der Amtsperson genutzt wurde. Im Marktplatz-Wachthaus wohnte die Amtsperson des Nachtwächters. Wie der Name verrät, hatter nachts für Ruhe zu sorgen und tagsüber an bestimmten Tagen mit dem Ruf  "Bekanntmachung" die Ortsnachrichten zu verlesen. Das Wachthaus am Marktplatz war, wie man sieht, etwas windschief, dafür das Wachthaus am Klosterberg deutlich herrschaftlicher gebaut. Unmittelbar neben dem Wachthaus am Klosterberg war auch die Feuerwehr untergebracht, die dort ihre Schläuche in einem Holzturm zum Trocknen aufhängten. Der Ort des Wachthauses auf dem Klosterberg war u.a. wegen der erhöhten Position bewusst gewählt worden. Ganz in der Nähe war nämlich die Isenburger Schlossanlage, das spätere Rathaus, die Rentei sowie die Ev. Kirche gelegen, also eine Art Zentrum, wobei man dem Marktplatz diese Bezeichnung durchaus auch verleihen kann. - Gab es in Langenselbold jemals ein Zentrum, wie man es von mittelalterlichen Städten her kennt? Vieles spricht dagegen, viel spricht für zwei Zentren: 1. Marktplatz / Oberdorf und 2. Klosterberg.

Auf dem Bild sieht man die Hanauer Straße, in die Rote Hohl abknickend, das Wachthaus und auf der Ecke eine der Litfaßsäulen des Ortes.

Impression Hofreite

Hofreite Oberdorfstraße 1, Langenselbold, 1940er Jahre

In Selbolder Oberdorf der 1940er Jahre bietet sich eine Hofreite mit allem, was dazu gehört: Scheune mit Scheuerbambel, der Außenkloo Abee, der Misthaufen und zwei "Spielkameraden"  im Hasen- oder Entenstall. Der selbstangebaute Tabak wurde zum Trocknen unter dem Dachüberstand der Scheune aufgehängt. Im Heimatmusuum Langenselbold wurde übrigens die Situation "lebensecht" nachgestellt. Dass man zum großen Geschäft über den Hof zum stillen Ort Abee laufen musste, auch bei Schnee, verstand sich von selbst. Dieser Ort war meist weitab vom Wohngebäude an Stall oder Scheune angebaut. Unweit davon, wie  praktisch, war der Misthaufen für das Rindvieh, zunächst Grube, mit der Zeit ein großer "Haufen Kuhmist".

Die meisten Hofreiten in Langenselbold waren m.o.w. nach gleichem Muster aufgebaut. Oft fand sich noch ein Brunnen auf dem Hof. An die mit Abee und Misthaufen einhergehenden Gerüche und Fliegen gehörten dazu, nicht nur dörfliche Idylle.

Für die Kinder fand sich zwischen diesen Einrichtungen immer noch ein Platz für Spiele. Hier im Bild hat sich Manfred Keil, der spätere erste Vorsitzende des Vereins (rechts im Bild), mit einem Nachbarbuben zum Spielen vor einem Hasen- bzw. Hühnerstall niedergelassen. Übrigens ein Detaille: Rechts über und etwas hinter dem Abee ist der Poulschäpper (Jaucheschöpfer) zu sehen, ein Utensil zum Schöpfen von Jauche aus der unter dem Abee befindlichen Jauchegrube. Man übersehe auch nicht die Hoflaaren, die Hofleiter aus Holz, die ständig verfügbar sein musste (an der Scheune und rechts hinter dem Abee, dessen Bezeichnung sicher an das Wort Abort anlehnt).

Heute ist die Scheune zum Wohngebäude umgebaut und der Scheuerbambel längst geraucht, der Abee schon lange abgerissen. Die Hofreite von einst ist dennoch nicht vergessen.

 

Impression Krautschneiden

Gemeinschaftsprojekt

Krautschneiden in der Waschküche oder auf dem Hof war ein Gemeinschaftsprojekt der Familie, oft unter Einbeziehen der Nachbarschaft. Natürlich ging dieser Aktion erst einmal die Ernte voraus. Die abgeschnittenen Krautköpfe wurden auf einem Dunghortwagen (Duhordwoache), Wagen mit Bordwänden) aufgeladen und mit einem Kuh- oder Pferdegespann nach Hause gebracht.

Nach dem Abladen auf dem Hof wurden alle Helfer zu einem gemeinsamen Krauthuwwele (Krauthobeln) eingeladen. Die Köpfe wurden abgeladen und auf einem Haufen gesammelt. Zunächst wurden die äußeren groben Deckblätter vom Kopf entfernt und auf einem Haufen geammelt und dienten später als Viehfutter. Die so eraltenen sauberen Krautköpfe wurden mit einem langen Messer oder/und mit einem speziellen Krauthobel in Scheiben geschnitten, die ja sofort in die endgültigen Streifen zerfielen. Gesammelt wurde das Schnittgut je nach Ernte in großen Kübeln, Wannen oder Körben.

Das Schnittgut wurde in irdenen Krautfässern gesammelt, mit Holz abgedeckt, mit Steinen (Pflastersteinen) beschwert und so im Keller bis zur Reife aufbewahrt. Die Kinder gingen während der Reifezeit öfter mal in den Keller, um vom Kraut zu "naschen", sollte ja gesund sein.

Arbeit oder ländliche Idylle?

Impression Dreschen

Kind und Kegel - zusammen stark

Wilhelm Völker, ein bekannter Lokalhistoriker, hat die Bilddokumentation einer Dresch-Szene verfasst und mit einem Text darunter versehen.

Bei der Kleinsiedlung gab es einen Dreschplatz und die Bauern konnten ihr Getreide dort selber dreschen oder dreschen lassen. Es war eine enorme körperliche Belastung und starke Staubexposition. Masken hatte man damals noch keine bzw. waren nicht gefragt, mit Staub musste jeder für sich irgendwie fertig werden. Neben der Staubbelastung war das Dreschen auch Schwerstarbeit, nämlich z.B. das Schleppen von zentnerschweren Getreidesäcken.

Dreschen war nicht nur eine klassische und notwendige Bauernarbeit zur Gewinnung von Getreide, sondern dokumentierte auch den  -zwngsläufigen-  Zusammenhalt in der Bevölkerung. Die Nachbarschaftshilfe ist auf dem Foto so gut dokumentiert, dass sich eine textliche Beschreibung erübrigt. 15 erwachsene Helfer sind auf dem Bild zu sehen. Auch ein gesellschaftliches Ereignis!

Neben dem Dreschen auf einem der Selbolder Dreschplätze gab es auch das Dreschen auf dem Hof bzw. in der Scheune. Hier war die harte Arbeit der Drescher legendär, bekannt ist daher die Aussage "der frißt wie ein Scheunendrescher". Übrigens wurde auf dem Bauernhof bei dieser Gelegenheit ein kräftiges Essen aufgetischt. Manchmal bediente man sich auch der "Fulder", Drescher aus der Fuldaer Gegend, die ordentlich zupacken konnten, auch natürlich beim Essen. "Der fresst wäi ein Drescher!"

Impression Freizeit

Ausflug zur "Konradsruh"

 

 

Ursprünglich, nach 1925, hatten sich 3 Selbolder mit Vornamen Konrad vorgenommen, bei dem Kleb, auf den Glockenäckern, dem Flurstück des Konrad Schießer eine Bank aufzustellen und drum herum eine kleine Anlage mit Sträuchern zu gestalten, ein Platz zum Ausruhen. Nach 1929/30 entschlossen die 3 Konrade sich, mit weiteren Selboldern eine feste Hütte zu errichten. Zunächst aus Fichtenstangen gebaut, folgte alsbald ein massives Haus. Die "Konrad´ s Ruh" wurde in den Folgejahren oft als Ausflugsziel genutzt. Als dann die 3 älteren Herren verstorben waren, wurde die Hütte von deren Erben  abgebrochen.

Heut erricht man die Stelle, wenn man dem "Grofloss" (Graues Floß, Imkerweg) bis fast zum "NaueWäägk" ( Neuer Weg, befestigt) folgt, kurz davor aber links in einen Feldweg einbiegt und den Feldweg zu Fuß bis zum Waldrand (Flur Hinterloh) nimmt. Dort, an der Waldgrenze vor einer Feldflur (Wiese, Acker) ist die Stelle der ehemaligen "Konradsruh" und wenn man ein bisschen sucht, findet man auch noch die Fundamentsteine.

Hier wird man feststellen, dass dies eine wunderbare Stelle zum Ausruhen, heute Chillen, ist.

 

 

Impression Hausschlachtung

 

Die "Wutz" im oberen Bild hatte ihre Schlachtreife erreicht, auch die Kinder freuten sich darüber. Früher, etwa während und nach dem letzten Weltkrieg, konnte ein Schwein schon mal 4 Zentner Schlachtgewicht erreichen, denn der Energiebedarf war hoch und Fett lieferte sie.

Eine Hausschlachtung war immer schon ein Großereignis auf einem Bauernhof. In den überwiegenden Fällen stammte das zu schlachtende Schwein aus der eigenen Mast. Insbesondere nach dem Krieg gab es einen erhöhten Bedarf an Fleisch, das auch nicht mager sein durfte oder musste. Deshalb hieß es auch "eine Sau fett machen".

Das Schwein wurde mittels eines Bolzenschussapparates betäubt und danach entblutet, das Blut musste gerührt werden, damit es nicht gerinnt. Danach wurde der Körper heiß gebrüht und mit der Glocke (ein glockenförmiges Schabeblech) von Borsten und Klauen befreit. Dann wurde das Schwein -meist an der Waschküche- aufgehängt, gespalten und fachmännisch zerteilt. Auch die Kinder halfen mit und konnten sich durchaus beim Verwursten u.a. nützlich machen. Der Hausmetzger machte sich mit ihnen manchmal einen Scherz, indem er einem KInd hinten unbemerkt das "Säuschwenzi " ansteckte. Auch wollte er einem Kind gerne "ein Würstchen anmessen". Dies gestaltete er so, indem er einen Finger ins Blut tauchte und dem Kind damit über die Stirn strich, das musste dann so bleiben. Etwas Besonderes stellte die Wurstsuppe ("Worschtsobbe") dar. Die Kinder mussten am Schlachttag gegen Abend mit Blechkannen die Wurstsuppe in der Nachbarschaft ausliefern. Auch den Pfarrer oder Lehrer konnte man damit erfreuen. Die Kinder mussten dann immer ihren Spruch aufsagen: "Ei mir huu geschloacht on eisch soll euch e bissi Worschtsobbe brenge!" ("Ei wir haben geschlachtet und ich soll euch ein bisschen Wurstsuppe bringen!").

Ein Schlachttag diente nicht nur der Versorgung mit Nahrungsmitteln. Ein Schlachttag war auch ein "Schlachtfest", so hieß das auch. Hier hatte der Ausdruck "Hausmacher" noch eine reale Bedeutung.

 

Die Wutz im unteren Bild war eher ein "Leichtgewicht". Heute liegt das Schlachtgewicht im Durchschnitt bei 2 Zentnern. Hausschlachtungen gibt es heute nicht mehr oder sind extrem selten und damit ist auch ein Stück "Dorfkultur" verschwunden.

Impression "Haa mache"

 Sommer war die Zeit der Heuernte, in der eine Bauernfamilie mit Mann und Maus in Bereitschaft war, auch Nachbarn und die nähere Verwandtschaft wurden in Bereitschaft versetzt oder mussten bei eintretenden Sommerwetter zur Stelle sein. Nachdem die Wiese gemäht und das Gras zu Heu getrocknet war und auf langen Reihen (Moore) aufgetürmt war, musste es auf den Leiterwagen befördert werden. Das machten die Männer mit langen Heugabeln. Das Ausetzen des Heus auf dem Leiterwagen war meist dem Chef vorbehalten, der Erfahrung mit dem Laden hatte. Denn er musste die Heulast so gleichmäßig auf dem Leiterwagen verteilen, dass dieser nicht umstürzen konnte. Das konnte nicht jeder. War der Wagen voll geladen, wurde mit einem Kuhgespann oder mit Pferden das Heu nach Hause gebracht. Der Lademeister blieb dabei oft oben auf dem Heu sitzen. War einmal die Ladung nicht ganz so hoch, wie hier auf der Abbildung, dann machten sich die Kinder einen Spaß und fuhren oben mit. Von da oben ließen sich z.B. auch Kirschen pflücken., das wäre heute nicht mehr möglich.

Auf dem Bild ist Fritz Elsässer zu sehen (Karl´s Fritz). Er hatte das Fuhrwerk zu leiten. Neben ihm seine Enkelin Gertrud Friedrich.  Weiter waren zwei Töchter von Fritz und dessen Frau von der Partie.

Hier passt der mundartliche Spruch: "Wuu wid´de dann dei Haa hi huu, hoa?"

 

Impression Feierabend

Der legendäre Steinbornclub

 

In Langenselbold machten 7 Männer auf sich aufmerksam, die zum freizeitlichen Leben in Selbold erheblich beigetragen haben. Es waren angesehene Langenselbolder Bürger, die alle im Steinborn zu Hause waren:

Wilhelm Betz ("Tutti"), Richerd Gerner (Bäcker), Bernhard Betz, August Betz, Siegmund Goldschmidt, Konrad Betz und Arthur Geldschmidt. Die Goldschmidts waren wohl integrierte Langenselbolder Juden.

Sie warfen sich in eine dunkle Kluft, schmückten sich heraus und traten bei Festen auf. Dies war die feine Seite der Gruppe. Glegentlich verkleideten sie sich auch zu lustigen Figuren und führten Sketche auf, die die Leute zum Lachen brachten, was gerade in der Kriegszeit nötig war, die Einwohner bei Laune zu halten. Im Karneval war die Gruppe "Steinbornclub" sehr gefragt.

Was der Club mit dem Kuhfuhrwerk im Schilde führte, lässt sich nicht mehr ermitteln. Wilhelm Betz fungiert als Fahrer und Richard Gerner daneben passt auf, dass nichts passiert. Zu was die Fuhre Holz gebraucht wurde, muss ebenfalls offenbleiben.

Impression Feuerwehr

Wer war nicht in der Feuerwehr? Eine rhetorische Frage, denn es gehörte sich irgendwie, Mitglied der Feuerwehr zu sein. Und die Übungen und Einsätze machten Spaß. Außerdem gab es immer viel Lob.

 

Hier eine kurze Chronologie des Vereins:

11.11.1903   Gründung der FW

1725             Domizil im Nebengebäude des "Weißes Ross"

bis 1964        Spritzenhaus neben dem Wachthaus Hanauer Str. / Rote Hohl

1836 -1964   Domizil im "Türmchen" (Steinweg)

1928              Einsatz beim Brand der "Meisenmühle"

1954              Domizil - Neubau im Steinweg 51

1976              Umzug in Neuanlage Ringstraße (bei Bauhof, heute REWE)

Literatur: Festschrift "875 Jahre Langenselbold", 1983.